Von Carsten Wriedt
So heißt es in der Passion Jesu (Johannes 19,7). Ein Gesetz: Die eigene menschengemachte Definition von Gut und Böse, die Festlegung, was geht, was sein darf – und eben nicht. Kein Wunder, dass da der Christus, der Erlöser, mit seiner Botschaft von Liebe, Barmherzigkeit und Versöhnung den Rahmen sprengt. Das Problem aller Gesetze: Sie wurden einmal gemacht, werden auch immer wieder geändert. Vor allem aber: Sie haben einen Geltungsbereich. Was hier gilt, ist dort ungültig. Dieselbe Tat, derselbe Gedanke ist an einem Ort erlaubt – am anderen Ort strafbar. Wir erleben solche Unterschiede gerade in bedrückender Weise, wenn es um das Recht der freien Meinungsäußerung geht und sehen den verzweifelten Kampf der Frauen gegen die Unterdrückung (wie im Iran), wir bekommen immer wieder Berichte über die Niederschlagung politischer Willenskundgebungen (zum Beispiel in Russland und vielen weiteren Ländern). Wenn es einem Regime gefällt, wird schnell ein Gesetz erlassen, um immer mehr jeden Widerspruch mit drakonischen Strafen abzutöten.
Gesetzesfrömmigkeit: Wem folgen wir? Den kirchenrechtlichen Bestimmungen – oder der Freiheit des Geistes? Auch das Kirchenrecht ist im Laufe der Zeit entstanden, manches wurde ergänzt und entwickelt. Dieser Prozess muss weitergehen, denn viele Fragen, die jetzt auf dem synoldalen Weg gestellt worden sind, betreffen die Gestalt der Kirche. Also die Regelungen, die Kirche sich gegeben hat – aber immer weiter überdenken muss. Strukturen, Zugänge zum kirchlichen Amt, Rolle der Frau: Die Kirche muss die Entwicklungen der Menschen sehen und aufgreifen.
Zum Beispiel die Segnung aller Menschen: Sollen wir ein Gesetz haben, das bestimmte Menschen von dem Segen Gottes ausschließt? „Wir haben ein Gesetz“, das kirchliche Fragen zur Eheschließung regelt. Die Kirche muss sich nun fragen lassen: Braucht ihr ein Gesetz, um anderen Liebesformen Gottes Segen zuzusprechen? Oder darf die Liebe Gottes sich die Orte aussuchen, wo sie erfahrbar und gelebt wird?
Jesus wurde damals getötet, weil er nicht in den Rahmen des Gesetzes passte, weil er die religiöse Vorstellungswelt mit seiner Verkündigung überschritten hat. Trotzdem ist er auferstanden, totzdem lebt er und Menschen bezeugen sie Gegenwart, lassen sich stärken. Wir haben ein Gesetz. Christus sprengt alle Gesetze, nur eines nicht: „Dieses Gebot gebe ich euch: liebet einander“ (Johannes 15,17).
aus: BKZ vom 01.04.2023
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