Kirche St. Johannes Baptist
Anschrift
Obere Bahnhofstraße 24
71522 Backnang
Die Baugeschichte
Der Bau einer katholischen Kirche war notwendig geworden, weil durch das Wachstum der Industrie gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Einwohnerzahl Backnangs stark zugenommen hatte. Mit dieser Zuzugsbewegung sind auch viele Katholiken nach Backnang gekommen. So schien es mit der Zeit nicht mehr möglich, dass alle Katholiken in Oppenweiler und auf dem Ebersberg in die Kirche gingen. Außerdem stellte sich die Frage nach dem Katholischen Religionsunterricht. So wandten sich 1886 Backnanger Bürger mit ihrer Sorge an das bischöfliche Ordinariat in Rottenburg. Am 30. Dezember 1886 konnte das Stockwerk eines Hauses angemietet werden, so dass ein Betsaal vorhanden war, in dem auch der Religionsunterricht abgehalten werden konnte. 1891 konnte eine katholische Konfessionsschule gegründet werden. Am 21. September 1893 war die Grundsteinlegung der Kirche, am 20.11 1893 das Richtfest und am 28.8.1894 die Weihe der Kirche.
Die Weihe der Kirche durch den damaligen Rottenburger Bischof Wilhelm von Reiser wird im Murrtalboten als sehr festliches Ereignis geschildert. Die neugotische Kirche ist mit Ziegelsteinen aus den Hüttenwerken Wasseralfingen erbaut. Sie wurde innen mit neogotischen Holzaltären und Glasfenstern im Chor ausgestattet.
Architekt der Kirche ist Ulrich Pohlhammer aus Stuttgart. Zur 1. Ausstattung der Kirche gehörten ein Neugotischer Hochaltar (Fraidel, Söflingen), eine Kanzel von Bildhauer Raimund Knaisch und die Kapitelle der Säulen im Chor u. am Portal ebenfalls von Raimund Knaisch. Die übrigen Ausstattungsstücke fertigte der Bildhauer und Altarbauer Josef Staudenmaier aus Kleinsüßen. Die Glasgemälde führte Gustav van Treeck aus München aus.
Eine Erneuerung von Chor und Querschiff wurde 1941 in Angriff genommen; infolge des Krieges wurde sie etappenweise verwirklicht. Die Planung hatte Reg. Baumeister Dr. Alfred Schmidt aus Stuttgart. Die bildhauerischen Arbeiten führte Bildhauer Karl Eisele begeistert aus mit Steinen aus den Natursteinwerken Neuenstein. 1946 machte Wilhelm Geyer einen Entwurf für die Glasfenster, der aber nicht ausgeführt wurde. Die baulichen Veränderungen wurden 1945 begonnen und im wesentlichen 1947 abgeschlossen.
1949 schuf Elisabeth Holoch die Kreuzwegstationen. 1951 kamen die drei Glasfenster im Chor in die Kirche. Künstler der Fenster ist Maximilian Bartosz.
1964 wurden Heizung und Boden erneuert. 1968 gab es eine größere Innenrenovation (Erneuerung der Eingangsbereiche, Beichtstühle). 1994 wurde die Kirche grundlegend außen renoviert. 2004 wurde der Nebeneingang barrierefrei gemacht, der Platz hinter der Kirche neu gestaltet, die Fundamente der Kirche trockengelegt und das Abwassersystem erneurt.
Die heutige Innenausstattung
Die Innenausstattung der Kirche war bei der Einweihung der Kirche ganz im neugotischen Stil gehalten. Auf alten Bildern sind neugotische Holzaltäre zu sehen und bunte Glasfenster im Chor. In den vierziger Jahren ließ Pfarrer Hanser die Kirche innen renovieren. Im Zuge dieser Renovation kamen die Figur mit Johannes dem Täufer, ein neuer Altar, Ambo, Taufstein und Kommunionbank aus Stein in die Kirche. In der Folge dieser Renovation sind auch die Glasfenster erneuert worden. Inhaltlich wird bei der Umgestaltung das Leben des Kirchenpatrons Johannes des Täufers aufgegriffen, so wie es in den vier Evangelien bezeugt ist. Deswegen sind wohl auch die Symbole der vier Evangelisten im Chorraum mit in die Komposition einbezogen.
Johannes der Täufer
Die Figurengruppe zeigt, wie Johannes der Täufer (hinten stehend) Jesus tauft, der vor ihm im Wasser steht. In dem Glasfenster direkt darüber sehen wir wie der Himmel sich öffnet und der Hl. Geist auf Jesus herunterkommt. Im oberen Drittel des Glasfensters sehen wir Gott Vater, wie er zu Jesus spricht: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“
Altar
Auf dem Altar ist die Inschrift zu lesen: „Ich werde alle an mich ziehen.“ Dies bezieht sich auf einen Ausspruch Jesu: „Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen. Es ist überliefert, dass Pfarrer Hanser schon vorausblickend auf das Konzil an manchen Festtagen zum Volk hin zelebrierte.
Die Kanzel
Auf der Kanzel ist die Szene eingemeißelt, wie Johannes der Täufer im Gefängis sitzt und schon im Hintergrund der Henker auf seine Enthauptung wartet. Er hatte den Mut gehabt, auch dem König Herodes Antipas die Wahrheit ins Gesicht zu sagen (Mt 14,6-11). Weil diese seiner Frau nicht gefiel, wollte sie ihn loshaben undflüsterte ihrer Tochter ins Ohr, sie solle sich zum Geburtstag seine Enthauptung wünschen. Diese Tatsache passt besonders gut in die Zeit der Umgestaltung. Von den Nazis war auch so manchem Prediger Predigtverbot erteilt worden, weil sie die Wahrheit gesagt hatten. Bekannte Beispiele sind Rupert Mayer und Alfred Delp. Auf dem Taufstein ist auf der einen Seite der Paradiesbaum mit der Schlange dargestellt, auf der gegenüberliegenden Seite der Hl. Geist als Taube. Die alte Sünde der ersten Menschen wird durch die Taufe im Hl. Geist ausgelöscht. Jesus Christus ist derjenige, der diesen Neuanfang möglich macht.
Taufstein und Kommunionbänke
Auch ein Kreuz ist daher auf dem Taufstein zu sehen.
Auf den Kommunionbänken waren Inschriften zu lesen, die auch ganz aus dem Kontext dieser Zeit zu verstehen sind: Eine dieser Inschriften habe ich auf einem Foto gelesen. Es ist ein Satz aus dem Benedictus (Lk 1,79): „und unsere Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens.“ Dieser Ausspruch ist auch bedeutend im Kontext des Lebens Johannes des Täufers. Zacharias, Johannes Vater hatte nicht geglaubt, dass seine Frau Elisabeth im hohen Alter noch ein Kind bekommen könnte. Es hat ihm daraufhin regelrecht die Sprache verschlagen. Er konnte nicht mehr reden. Als er bei der Beschneidung im Tempel den Namen Johannes auf ein Täfelchen schreibt, als Zeichen dafür, dass er jetzt doch glaubt, kommt die Sprache wieder und er stimmt diesen Lobgesang (Lk 1,68-79) an.
Glasfenster
Die drei Glasfenster im Chor sind von Maximilian Bartosz Anfang der 50iger Jahre gestaltet worden. Sie zeigen Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers.
Das linke Glasfenster zeigt oben wie der Engel Zacharias, der als Hoherpriester dargestellt ist, weil er im Tempel Dienst tut, die Geburt des Johannes ankündigt (Lk 1,5-25). Im mittleren Drittel ist der Besuch Marias bei Elisabeth zu sehen (Lk 1, 39-56). Elisabeth (rechts) ist hochschwanger. Im unteren Drittel ist die Geburt Johannes des Täufers zu sehen und seine Beschneidung im Tempel (Lk 1, 57-79).
Im rechten Fenster ist Johannes der Täufer mit grünem Fell bekleidet zu sehen, wie er auf das Lamm Gottes hinweist (Joh 1,29- 30). Dieser Satz Johannes des Täufers. „Seht das Lamm Gottes“ ist auch im Chorraum an die Wand geschrieben. Er wird in der Eucharistiefeier kurz vor der Kommunion immer wieder neu in unser Leben hereingeholt, wenn die gebrochene Hostie erhoben wird. Jesus, gegenwärtig in diesem gebrochenen Brot war auch ganz für uns da. Er teilt sich an uns alle aus. Im mittleren Drittel ist dargestellt, wie Johannes predigt, wie viele Menschen ihm zuhören und umkehren (Mk 1, 1-8; Mt 3,1-12; Lk 3,1-18 Joh 1,19-28). Im unteren Drittel ist zu sehen wie Johannes König Herodes tadelt (Mk 6,17-20,.Mt 14,3-6, Lk 3,19).
Im mittleren Fenster ist der „Kontext“ zur Taufe Jesu dargestellt (Mt 3,13-17, Mk1,9-11, Lk 3, 21-22, Joh 1,29-34). Zu sehen ist oben Gott Vater, wie er im Himmel thront und spricht: Du bist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe. Zwischen Himmel und Erde sind zwei Engel, über der Figurengruppe der Hl. Geist, der wie eine Taube auf Jesus herabkommt. Die vier Evangelisten: Matthäus ist mit einem Menschen bzw. Engel, Markus mit einem Löwen, Lukas mit einem Stier, Johannes mit einem Adler dargestellt.
Marienfiguren
Auf der rechten Seite ist eine Madonna aus dem 17. Jh. zu finden. Außerdem steht im linken Seitenschiff der Kirche eine Fatima-Madonna, die ein Zeichen dafür ist, dass hier in Backnang und in dieser Kirche auch die portugiesische Gemeinde seit vielen Jahren ihre Heimat hat.
Die Glocken
Die ersten drei Glocken der Kirche wurden von der Firma Zoller in Biberach gegossen. Im ersten Weltkrieg mussten zwei der drei Glocken eingeschmolzen werden. 1926 konnte das Geläut durch 2 Glocken der Firma Kurz aus Stuttgart ergänzt werden. Allerdings wurden diese Glocken schon 1942 wieder beschlagnahmt. So war die Freude am 7. Mai 1953 groß, als die beiden neuen Glocken in Stuttgart bei der Firma Schellinger gegossen und am 17. Mai geweiht wurden.
Die Orgel
Die erste Orgel der Kirche wurde von der Firma Link in Giengen an der Brenz gebaut (1894). Wahrscheinlich war sie schon bei der Einweihung aufgestellt. Am 8. Dezember 1963 wurde die zweite Orgel in der Kirche eingeweiht, eine Orgel der Firma Späth. 1983 schließlich beschloss der Kirchengemeinderat den Bau einer dritten Orgel, weil die Gestimmtheit der Späthorgel sehr stark von Temperaturschwankungen abhing. Mit dem Bau der Orgel wurde die Firma Mühleisen (Elsass) beauftragt. Die Orgel hat 3 Manuale und 35 Register. Am 26. März 1988 wurde sie in einem festlichen Gottesdienst eingeweiht.
Texte: Ulrich Kloos, 2006