Eucharistie

Die Eucharistie in den Zeichen des Hörens des Evangeliums und im Mahl von Brot und Wein will den Menschen so wie es Jesus in vielen Mählern getan hat, in die Gemeinschaft mit Gott hereinholen, Sünder oder nicht. Beim letzten Abendmahl deutet Jesus sein Leben als gebrochenes und verschenktes Leben und er fordert die am Mahl Teilnehmenden dazu auf, sich mit ihm zu verbinden, nach Jesu Tod und Auferstehung in bleibender Gegenwart.

Vom Brotbrechen

„Das Brotbrechen“, so nannten die ersten Christen die Mahlgemeinschaft in Fortsetzung des Abendmahles Jesu, in der sie den auferstandenen Herrn zugegen hofften und glaubten. Das Brotbrechen ist Ausdruck für Jesu Leben: für sein Da-Sein für Arme, Kranke, Ausgestoßene, für sein in die Gesellschaft Holen von Ausgegrenzten und sein in den Glauben Israels Holen von Heiden, für sein Entgrenzen der Heilszusage Gottes an alle Menschen.

„Das Brotbrechen“ bringt zum Ausdruck, dass es um das ganze Leben Jesu geht, nicht nur um gewandelte Gaben von Brot und Wein in Leib und Blut Christi. Dass das Soziale notwendig zum Leben in seiner Nachfolge dazugehört, dass das Hören auf sein Wort wichtig ist, dass sein Gott Gegenübertreten, das Beten, wie er es in vielen Nächten getan hat, hilfreich ist, und dass der Nachvollzug und Mitvollzug seines Immer-Wieder-Mahl-Haltens mit den Sündern Gemeinschaft mit ihm und zugleich miteinander sichtbar macht. So war es ja schon zu Zeiten seines irdischen Wirkens.

Es geht eben nicht um Brot, sondern um die Gegenwart Jesu im Brotbrechen. Wenn Jesus in der Abendmahlsszene sagt: „Das ist mein Leib… Das ist mein Blut…“, so ist nicht zuerst an das Brot gedacht, sondern an das Brechen des Brotes und das Austeilen des Weines. Das erkennt man daran, dass das griechische Wort für Brot männlich ist, und nicht sächlich, und es steht da: Leib und Blut, nicht Fleisch und Blut. „Basar“, Leib, meint das, was eigentlich auch Basar im Orient meint: Leben, da, wo das Leben pulsiert, in einer Stadt den Marktplatz. Und das Blut ist Sitz des Lebens. Das Leben aber gehört in die Verfügung Gottes, deshalb darf der Jude auch nichts Blutendes essen oder trinken. Und der Wein meint: Leben in Fülle. Man denke an die Hochzeit von Kana, an die übriggebliebenen Brotstücke bei der Speisung der Vielen oder auch an die Fülle, die in den Prophetentexten als Heilsüberfluss am letzten Tag zum Ausdruck kommt. Es ist geradezu Ausdruck des Heils, dass genug da ist.

Jesus selbst trinkt nicht und isst nicht bei diesem Mahl, das gäbe keinen Sinn bei seiner Deutung. Das war ein Unterschied zum jüdischen Paschamahl. Provokant formuliert: Wir Katholiken übertreiben an dieser Stelle ein ganz klein wenig, wenn wir nur auf die gewandelte Hostie schauen. Das Brechen des Brotes ist das Entscheidende. Damit ist dieses Mahl eben nicht nur Trost, sondern auch Provokation für unser Leben. Mutter Teresa von Kalkutta, die äußerst sozial, aber auch konservativ war, trifft den Nagel auf den Kopf, wenn sie sagt: „In den Armen berühren wir den Leib des Herrn“.

Es gab in der Kirche auch den bewussten Verzicht auf die Kommunion, etwa in der Fastenzeit. Und die Frömmigkeitsrichtungen stritten sich, ob eine häufige oder eine seltene Einnahme des Himmelsbrotes hilfreicher sei. In der Orthodoxie beispielsweise ist das Kommunizieren nur nach einer Vorbereitung durch Fasten möglich. Ältere Katholiken erinnern sich noch an die Nüchternheitsvorschrift vor der Messe.

Noch ein biblisches Zeugnis ist Jesu Wort „Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener (diakonos) aller sein“. Das genau ist die Rolle Jesu, ausgedrückt im Abendmahl durch das Brotbrechen. Wenn Jesus die Frage „Wer ist im Himmelreich der Größte?“ mit „ein Kind“ beantwortet, meint er nicht das Kind im Familienzusammenhang, dafür gibt es im Griechischen Neuen Testament das Wort „teknon“, sondern das Kind in seiner sozialen Stellung. Im Griechischen steht an dieser Stelle das Wort Paidion, das ist sprachlich verwandt mit dem Wort Pais, Sklave. Der letzte Platz ist der Platz Jesu und also des Jüngers, ausgedrückt in geteiltem und verschenktem Brot.

Das Problem in der Ökumene für die katholische Kirche ist nicht die „Transsubstantiationslehre“, sprich die katholische Überzeugung, dass Brot und Wein zu Leib und Blut werden. Trennend sind das Amts– und Kirchenverständnis, denn die Mahlgemeinschaft stiftet Kirche. So kann der Papst auch einer Waldenserin in Rom, die mit einem Katholiken verheiratet ist und nach der Kommunion fragt, sagen: „Folgen Sie ihrem Herzen und gehen Sie mutig voran“.

Es geht beim Brotbrechen um eine Auseinandersetzung mit Jesus und seiner Botschaft, um eine ganzheitliche, mit Sinnen wahrnehmbare Christusbegegnung. Damit wird klar, dass das Evangelium und das Mahl zusammengehören. Der Blick etwa bei der Heiligen Messe oder beim Abendmahl darf nie gesondert auf die Eucharistie im Zeichen des Brotes gerichtet werden, sondern muss immer auf das ganze Evangelium und die ganze Botschaft Jesu gerichtet sein. Freilich bedeutet das Essen des Brotes leiblichen Kontakt – soweit das möglich ist-, denn die Hostie entflieht ja meinem Mund wieder und meine Gedanken fliehen ja auch in die eine oder andere Richtung. Doch das darf durchaus so sein, denn meine Welt soll ja durch meine Begegnung mit dem auferstandenen Herrn ebenfalls in Berührung mit ihm kommen. Der Leib des Herrn will mir jedenfalls nicht nur den Trost seiner gegenwärtigen Liebe schenken, sondern mich auf das Da-Sein Jesu und auf meine Welt hin öffnen und zu sozialem Engagement anstacheln. „Das Brotbrechen“ ist daher nicht nur Berührung mit dem Evangelium, sondern auch Einwilligung in das Evangelium.