Von Josef Klein
„Adam, wo bist du?“ Die Frage stellt Gott beim Spaziergang im Paradiesgarten, als er Eva und Adam nicht wie sonst üblich antrifft. Die beiden hatten sich versteckt, nachdem sie von der verbotenen Frucht gegessen hatten. Mit dem Essen der Frucht wollten sie sein wie Gott. Denn Eva und Adam haben nicht akzeptiert, von Gott geschaffen zu sein. Sie wollten selbst Schöpfer sein. Aber Eva und Adam erkannten nach dem Essen der verbotenen Frucht, dass sie nackt sind, also als Geschöpfe an Grenzen gebunden sind. Durch diesen Sündenfall haben sie die Harmonie der Schöpfung verletzt. Dass sie aus dem Paradies raus mussten, verstehe ich nicht als Strafe Gottes, sondern als Konsequenz ihres Fehlverhaltens.
Die alte Erzählung aus der Bibel hat für mich heute Bedeutung. Den Begriff „Schöpfung“ würde ich mit „Natur“ bezeichnen. Danach haben Eva und Adam nicht akzeptiert, Teil der Natur zu sein. Teil der Natur zu sein bedeutet auch zu akzeptieren, dass Leben an Grenzen gebunden ist. Mit dem stetigen Wachstum in der Wirtschaft zeigen wir, dass wir die Begrenzung der Natur nicht beachten. Durch die Erderwärmung sind wir Menschen auf dem Weg, unsere Lebensgrundlage zu zerstören. Diese Gefahr gilt es mutig und zielgerichtet abzuwenden. Die Verringerung des CO2-Ausstoßes spielt dafür eine zentrale Rolle.
Dabei gilt es zu beachten: 89 Prozent der Emissionen weltweit verursachen die vier Milliarden wohlhabendsten Menschen. Knapp die Hälfte der Emissionen entfällt auf die obersten zehn Prozent der Wohlhabenden. Die untere Hälfte der Weltbevölkerung stößt zwölf Prozent CO2 aus. Zu dieser extremen Ungleichheit kommt die ungleiche Einkommensverteilung. Denn die untere Hälfte der Weltbevölkerung verliert drei Viertel des Einkommens aufgrund der Klimakrise. Zugleich verfügen die oberen zehn Prozent über 76 Prozent des Wohlstands. Sie können Verteuerungen aufgrund der Lösung der Klimakrise finanziell auffangen.
Die Zahlen verdeutlichen: Wenn wir mutig und zielgerichtet die Gefahr der Erderwärmung angehen wollen, müssen wir auch die sozialen Folgen mutig und zielgerichtet anpacken. Denn die Klimakrise wird nicht von „uns Menschen“ gemacht, sondern sie ist Ausdruck globaler Ungleichheit. Die Ungleichheit gilt es bei der Lösung der Klimakrise zu berücksichtigen.
Im alten Text der Bibel steht, dass Adam im Schweiße seines Angesichts sein Brot erarbeiten, Eva unter Schmerzen Kinder gebären wird. Alter Text bedeutet für mich nicht alt im Sinne von überholt. Alt bedeutet, hier ist eine Aussage über das Leben von uns Menschen gemacht. Anstrengung und Schmerz gehören auch zu unserem Leben, vor allem, wenn es um neue Lösungen bei der Bewältigung von Krisen geht.
Die Frage: „Adam, wo bist du?“ würde ich angesichts der Klimakrise so formulieren. „Mensch, bist du bereit, das CO2 belastete Wohlstandsparadies zu verlassen?“
Von Gott erzählt die Bibel, dass er Eva und Adam nach dem Verlust des Paradieses mit Kleidern aus Fellen geschützt hat. Das macht Hoffnung, dass wir im Vertrauen auf den Schöpfer mutig und zielgerichtet mitarbeiten, die Klimakrise zu bewältigen.
aus: BKZ vom 25.11.2023
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