Von Carsten Wriedt
Heimat braucht jeder Mensch. Besonders jene, die nicht mehr in der Lage sind, sich selbst ihre Heimat zu erhalten. „Heimat für alle“ ist das Leitwort des Welthospiztags am heutigen Samstag. Alle Menschen sind im Hospiz willkommen: Die, deren Lebenskräfte schwinden, die in ihrer körperlichen und psychosozialen Situation noch mehr Sicherheit, Zugehörigkeit und Akzeptanz brauchen. Alle Mitarbeitenden im Hospiz, ob Haupt- oder Ehrenamt, sind gern bereit, die Gäste mit ihrer kostbaren Einmaligkeit anzunehmen.
Der berühmte Satz von Cicely Saunders, Begründerin der Hospizidee, der es dieser Tage sogar in einen Fernsehkrimi geschafft hat, lautet: „Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ Wer den wichtigen und emotional nicht einfachen Schritt leisten kann, den Hospizplatz anzunehmen, der darf die bevorstehende Zeit so verbringen, wie es die körperlichen Bedürfnisse erfordern, vor allem aber auch, wie es dem Gast seelisches Wohlbefinden vermittelt: Das persönliche Zeitgefühl hat Vorrang (hier darf man schlafen, wann man will – Besuchende bekommen keine Zeitvorgabe). Möcht man mehr in Gesellschaft oder allein sein, Gespräche führen oder Stille halten, an den Aktivitäten teilhaben oder ausruhen: Es gibt viele Angebote, alle Gäste aber entscheiden für sich. Religiöse Zuwendung hat ebenso ihren Platz und kann von den Sterbenden wie von ihren Angehörigen angenommen werden.
Das Hospiz steht mit seiner Haltung klar gegen jede Form von Ausgrenzung, Abwertung oder Bevormundung von Menschen aufgrund ihrer Persönlichkeits- oder Herkunftsmerkmale. Die Gäste eines Hospizes haben eines gemeinsam, dafür will ihnen die Einrichtung Heimat werden: Sie befinden sich in der letzten Lebenphase, und dessen sind sie sich auch bewusst. Alle An- und Zugehörigen verbindet die Sorge und Begleitung ihrer Liebsten, alle Mitarbeitenden helfen mit.
Die Vielfalt der Menschen macht diese Heimat sehr bunt. Beziehungen wachsen in dieser besonderen Situation, Gäste werden füreinander Wegbegleiter, Töstende und Stärkende – Angehörige erleben ihren Austausch auf Augenhöhe.
Ein großer Moment, sich für den Aufenthalt im Hospiz zu entscheiden: Der Mensch verlässt sein vertrautes Lebensumfeld, seine Heimat, um einen besonderen, neuen und letzten Lebensabschnitt anzutreten.
Wie wichtig also, dass alle, die das gewohnte Leben verlassen müssen, eine neue Heimat finden, in der viele Simons – Simon von Cyrene half Jesus das Kreuz zu tragen – ihre persönliche Last teilen.
in: BKZ vom 11.10.2025
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