Von Josef Klein
Wer zahlt gerne Steuern und wer würde gerne weniger Steuern zahlen? Vor Monaten habe ich einen Brief erhalten: „Schützen Sie sich vor Steuererhöhung.“ Es wurden mir verschiedene Modelle angeboten. Für die Unterstützung, weniger Steuern zu zahlen, sollte ich die Unterstützer aber bezahlen. Ich fragte bei Nachbarn, Bekannten und Freunden nach, ob man ihnen auch so ein Steuersparangebot gemacht hatte. Die Umfrage machte deutlich: Wer weniger verdient, wird nicht gefragt. Diese Erkenntnis, dass Menschen mit kleinerem Einkommen fast keine Steuern sparen können, finde ich skandalös, religiös gesprochen: als Sünde. Sünde meint, man sondert sich ab von Gottes Plan. Denn Gott hat die Erde geschaffen als Garten. Die Früchte des Gartens schenkt Gott allen Menschen.
Die Früchte des Gartens werden in der Steuerpolitik nicht gerecht verteilt. Denn wer viel verdient, kann Stern sparen. Wer weniger verdient, kann dies nicht. Warum eigentlich nicht? Grundsätzlicher die Frage: Warum wollen wir so wenig Steuern wie möglich zahlen? Ich finde, Steuern zu zahlen ist ein Zurückgeben an die Gesellschaft, für dasjenige, was sie mir gegeben hat und gibt – im Gesundheitssystem, in der Bildung, der inneren und äußeren Sicherheit, im Straßenbau und der Brückensanierung, der Wirtschaftsförderung, an Lohnfortzahlung… Die Beispiele belegen, wie mit Hilfe von Steuern Leben für uns gut gestaltet wird. In Krisenzeiten wie der Pandemie und des Krieges in der Ukraine werden Forderungen an den Staat gestellt, mit Geld, also Steuergeldern, die schmerzhaften Folgen abzuwenden, zumindest abzumildern. Damit bin ich einverstanden. Das nennen wir Sozialstaat. Dafür will ich Steuern zahlen. Nicht einverstanden bin ich, dass die Steuerpolitik Besserverdienenden die Möglichkeit gibt, weniger an Steuern zu zahlen, gemessen an ihrem Einkommen und ihrem Vermögen. Darin sehe ich das Prinzip des Gemeinwohls verletzt. Denn Eigentum soll auch zum Wohl der Allgemeinheit dienen. Verletzt ist zudem das Prinzip der Steuergerechtigkeit. Denn Menschen mit höherem Einkommen können Steuerzahlungen vermeiden. Das ist Menschen mit unterem Einkommen nicht möglich. Damit wird die Idee des Sozialstaats unterhöhlt.
In Texten der Bibel werden Reiche heftig kritisiert. Nicht weil sie reich sind, sondern weil sie sich nicht mit ihrem angemessenen Anteil an der Finanzierung der Gemeinschaft beteiligen. Diese Kritik passt zu dem zukunftsweisenden Bild vom Anfang der Bibel. Dort wird gesagt, Gott habe die Erde als Garten, nicht als Steppe oder gar Wüste geschaffen. Geschaffen als Garten mit allerlei prächtigen Bäumen und ihre Früchte schmeckten gut (1 Mose/Genesis 2, 8f). Den Garten und die Früchte hat Gott für alle Menschen geschaffen. Mit Steuergeldern wird versucht, dass Menschen nicht in Wüste oder Steppe leben müssen, sondern als Kinder Gottes gemeinsam leben können wie in einem von Gott gewünschten Garten.
in: BKZ am 21.05.2021
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