(Photo by Priscilla Du Preez on Unsplash)

Von Michael Jungerth
Religionslehrer am Beruflichen Schulzentrum Backnang

Im diesjährigen Religions-Abitur am beruflichen Gymnasium hatten die Schüler einen Text zu bearbeiten, in dem es darum ging, dass es heutzutage schwierig ist, von Gott zu sprechen. Uns fehlen buchstäblich die Worte für die – oft sehr persönlichen – Gotteserfahrungen.  Oder wann haben Sie zuletzt über Gott gesprochen mit Arbeitskolleg*innen, Nachbarn, in der Familie? Meine Schüler*innen verstehen die traditionelle religiöse Sprache oft  nicht mehr, weil sie meilenweit von ihrer Lebenswirklichkeit entfernt ist.  Gleichzeitig erlebe ich, dass  viele Schüler*innen ein feines Gespür dafür haben, ob das Reden von Gott angemessen ist. Sie finden es gut, wenn offen, fragend,  auch zweifelnd Gott thematisiert wird. Sie lehnen ab, wenn zu selbstsicher, wissend, von oben herab  von Gott gesprochen wird, wenn Gott dafür benutzt wird, ab –und auszugrenzen.

Der Reliunterricht ist ein Ort wo man geschützt und frei über Gott nachdenken und nach Worten ringen kann, wo man keine endgültigen und fertigen Antworten braucht, denn letztlich bleibt Gott ein Geheimnis.

Beim Sprechen über Gott haben Schüler*innen folgendes formuliert: Gott ist ein absoluter Rückhalt, hilft, die Frage nach dem Sinn des Lebens zu beantworten und Krisen zu bewältigen. Mit anderen über Gott nachzudenken stiftet Gemeinschaft. Wenn vielfältige Erfahrungen über Gott zur Sprache kommen dürfen, wird man reicher, toleranter und von Rechthaberei und Fanatismus befreit. Mit Gott bleiben der Glaube und wichtige Werte wie Nächstenliebe im Bewusstsein. Über Gott nachzusinnen führt zum Einsatz für eine bessere Welt, für Umweltschutz, Frieden, Gerechtigkeit.

Hätten Sie gedacht, dass junge Menschen so ernsthaft über Gott und Glauben nachdenken und sprechen? Also: Sprechen wir  von Gott!

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag – und: Sprechen Sie von Gott! – denn dafür ist der Sonntag da.

aus: BKZ vom 12.06.2021